Dem Geruch frisch gedruckter Seiten folgend sucht meine Profi-Nase nach dem Impressum. Ich möchte unbedingt wissen, wo und vor allem wie das mir so ans Herz gewachsene Werk gedruckt wurde. In meinem Werdegang habe ich schon in einigen hunderten wenn nicht gar tausenden Büchern herumblättern dürfen, dieses aber ist etwas ganz Besonderes.
Ein frisches und aussagekräftiges Layout, professionell retuschierte Fotos, akkurat gesetzte Texte, aber auch ein mit viel Liebe und Geschick ausgewähltes Papier lassen den Leser begeistern, natürlich auch der Inhalte wegen. Schön vor allem deshalb, weil er zur Zielgruppe gehört, die wir zum Lernen motivieren wollen. Unsere Schüler sind es, die in diesem Buch die Welt der Sprachen entdecken werden.
Wir Designer nehmen am Zusammenstellen der Texte nicht teil. Unsere Aufgabe besteht in der Darstellung, sozusagen im Erfinden der dazu passenden Musik – im Komponieren, wenn man so will. Wer über mehrere Jahre in der Buchgestaltung «hängen» bleibt, fängt an das Buch zu hören und wird zu einem wahren Bücherfanatiker.
Um so unattraktiver erscheint für solche Printkünstler die neue digitale Welt. Jedoch wird sie zunehmend zur notwendigen Realität und wir werden uns ihr stellen müssen. So begegnete ich meinem ersten digitalen Schulbuch im letzten Monat und war zu gleichen Teilen überrascht wie beeindruckt. Dieses Buch roch zwar nicht nach Druckfarbe, die ich so gern mag, leuchtete mich vom Bildschirm aber freundlich an und ließ mich durch die Welt der Seiten mithilfe von Links reisen und Eindrücke sammeln.
Es war wie Liebe auf den ersten Blick. Wissend, dass es zu diesem leuchtenden Exemplar auch noch eine Printausgabe gibt, verglich ich kritisch FÜR und WIDER und musste feststellen, dass ich nun beide Möglichkeiten des Lernens akzeptabel finde. Dazu musste ich mir auch eingestehen, dass ein digitales Werk ebenfalls attraktiv genug sein kann, wenn man es mit genauso viel Herzblut zusammenstellt, wie ein gedrucktes Medium. Und genau das ist im Moment meine neue berufliche Herausforderung: zur Digitalisierung des Lernprozesses in der Corona-Zeit beizutragen.
Ob das gute alte Buch eines Tages gänzlich seine Attraktivität verliert, sei dahingestellt. Ich selbst hoffe sehr, dass die Menschheit noch einige weitere Jahrhunderte den Geruch des altehrwürdigen Wissens in traditionellen Bibliotheken und gut bestückten Buchhandlungen atmen wird. Und nun widme ich mich mit voller Hingabe der Digitalisierung des Lernstoffs und erschaffe neue leuchtende Werke … Mit der Zeit gehen!!!
Bitte bleiben Sie gesund und bis zum nächsten Mal!